Seelengrund ist ein Begriff der spätmittelalterlichen Philosophie und Spiritualität, der auch in frühneuzeitlicher geistlicher Literatur vorkommt. Der von Meister Eckhart († 1327/1328) geprägte Ausdruck bezeichnet in einem übertragenen Sinn einen „Ort“ in der menschlichen Seele, an dem nach spirituellen Lehren Gott oder die Gottheit anwesend ist und eine Vereinigung der Gottheit mit der Seele zustande kommen kann. Eckharts Lehre vom Seelengrund wurde bald nach seinem Tod von der Kirche als häretisch verurteilt, doch fand ihr Gehalt teilweise in abgewandelter Form bei spätmittelalterlichen Gottessuchern Zustimmung. In der Moderne ist sie oft als Ausdruck eines mystischen Irrationalismus betrachtet worden. Neuere Philosophiehistoriker betonen jedoch, dass Eckhart keineswegs die Vernunft abwertete, sondern mit einer philosophischen Argumentation überzeugen wollte und den Seelengrund als Intellekt auffasste. In der Frühen Neuzeit lebte das Konzept des Seelengrunds oder Seelenzentrums als Stätte der Gotteserfahrung in geistlicher Literatur fort. Es wurde sowohl von katholischen Autoren als auch im evangelischen Pietismus aufgegriffen. Eine andere Bedeutung gaben Denker der Aufklärung dem Ausdruck „Grund der Seele“. Sie bezeichneten damit den Ort einer „dunklen“ Erkenntnis, aus der die klare hervorgehe. – Zum Artikel …
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